Die Götter spielen mit der Dritten

 

Dieser Satz ist ebenso zweideutig wie das Delphische Orakel. Es ist schön, wenn sie mit uns spielen, weniger schön, wenn sie nur mit uns spielen.

 

Heute haben sie zunächst das erstere getan. Wir haben endlich den ersten Mannschaftskampf gewonnen!! Und das gegen Müngersdorf, ein altbekannter Gegner mit einer eigentlich überlegenen Mannschaft – an den ersten fünf Brettern durchweg ca 100 bis 150 Punkte besser als wir, Brett 6 ausgeglichen, an sieben und acht deutlich bessere Wertung bei uns. Der Spielverlauf war jedoch davon in keiner Weise beeinflusst:

 

Zunächst einmal blieb Lukas, vermutlich aus taktischen Gründen, beraten von Loki, dem listigen Gott der Germanen, zu Hause, schenkte dem Gegner den Punkt und wägte die Müngersdorfer damit in Sicherheit. Dann erzielte ich mit einem schnellen Remis den ersten halben Punkt, zu Recht kritisiert von einigen Mannschaftskameraden – ich hätte in leicht besserer Stellung noch kämpfen können, und eigentlich auch müssen, aber ich sah keinen Gewinnweg. Göttliche Eingebung kam jedenfalls nicht.

 

Dann schaffte Gottfried (nomen est omen!!) aus eigener Kraft mit sehr schönem Spiel einen überzeugenden Sieg gegen seinen sehr starken Gegner, Dominik steuerte ebenfalls einem ungefährdeten Sieg entgegen, und wir waren erstmals in Führung.

 

Dann dauerte es, die übrigen vier Partien liefen deutlich länger. Christian stand ziemlich schlecht, aber erkämpfte zäh, und irgendwann verlor sein Gegner dann doch die Konzentration, patzte und verlor Turm und Partie. Bei Werner lief es beinahe umgekehrt – gut gespielt, dummer Patzer, Läufer weg. Aber Werner kämpfte, tauschte alles ab, bis nur noch je zwei Bauern und der Läufer des Gegners blieben. Es war natürlich klar verloren, aber der gegnerische König stand weit weg, Werner bot kühn Remis, der Gegner nahm sofort an – In diesen beiden Partien hielt Fortuna ganz klar ihre schützende Hand über Erftstadt.

 

Andreas hatte das Wohlwollen der Götter im vorigen Wettkampf voll genossen, heute waren sie wohl zu sehr mit dem Geschehen an den anderen Brettern beschäftigt, leider ging seine lange Zeit ausgeglichene Partie verloren.

 

Nun stand es vier zu drei für Erftstadt, an Brett eins saßen sich (wie oft passierte das schon in den letzten Jahrzehnten?) Peter Kirst und Günter Eichhorst gegenüber. Ein spannender, guter und ideenreicher Schlagabtausch, Finten auf beiden Seiten, man ist fast geneigt zu sagen: Göttliche Eingebungen, menschliche Schwächen. Peter erzwang aber das entscheidende Remis, wie die Partien fast immer zwischen diesen beiden alten Kämpen ausgehen, heute aber ein tolles Ergebnis für ihn –Glückwunsch.

 

Soweit unser glücklicher Kampf, doch Göttin Fortuna war zwar die Personifizierung der Hoffnung, des Glücks und des Reichtums. Sie war aber auch eine labile, aber tugendhafte Göttin, die zwischen Göttern und Menschen vermittelte und Menschenleben beeinflusste. Entweder sie war es, oder der listige Germanengott Loki, dem es stets besondere Freude bereitete, Götter und Menschen zu überraschen und sie in heikle Situationen zu bringen:

 

Am späteren Nachmittag mussten wir erfahren, dass auch unsere direkten Konkurrenten um den Abstieg gepunktet hatten, die Mannschaft von KKS erreichte ein 4:4 gegen Kerpen. Nun sind wir mit ihnen punktgleich, Brühl ist einen Punkt zurück. Es entscheidet der letzte Spieltag. KKS hat kein Spiel mehr, bleibt also bei 4 Punkten. Wenn wir mindestens ein 4:4 gegen Kerpen erreichen, sind wir gerettet, ebenfalls dann, wenn Brühl verliert, dann steigen diese ab, oder wenn Brühl gewinnt, dann steigt KKS ab wegen der schlechteren Berliner Wertung gegen uns. Wenn wir verlieren und Brühl spielt mindestens Remis, steigen wir ab, da wir unter uns Dreien das schlechteste Punktverhältnis haben – ist das göttlich oder satanisch?

 

Das ist Schach!!

 

 

26.4.2015

 

Soweit mein heutiger Bericht, und gerade will ich ihn abschicken, da wird (das kann nur göttlicher Ratschluss sein!) die Tabelle geändert: Kerpen hat gegen KKS gewonnen, die damit bei drei Punkten bleiben – WIR SIND GERETTET

 

Ich flehe jetzt, zu Zeus, zu Jupiter und zu Wotan:

 

Haltet die untergeordneten Götter von den Menschen fern, haltet sie in Schach, wie wir sterblichen sagen, es ist genug für einen Tag.

 

Jochen Haupt