Autor: Ralf Zerres
Am 12.09.2025 ist mein Vater Peter Zerres wenige Wochen nach seinem 79.Geburtstag verstorben. Er selbst hat einmal gesagt, "das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht". Er hat auch nach diesem Motto gelebt und das Leben immer so akzeptiert, wie es sich ihm präsentiert hat. Zum Schluss konnte ihn leider aber auch sein lebensbejahender Optimismus nicht mehr retten.
Mein Vater wurde am Sonntag, dem 21.07.1946 in Erftstadt-Frauenthal geboren. Er war ein Sonntagskind, was ihn auch sein Leben lang prägte. Bereits im Alter von 16 Jahren lernte er meine Mutter kennen, mit der er dann auch gemeinsam eine Lehre zum Chemielaboranten absolvierte. Noch während der Lehre heirateten meine Eltern. Gemeinsam mit meiner Mutter nahm mein Vater auch im Rahmen der Ausbildung erfolgreich am Wettbewerb „Jugend forscht“ teil. Erwähnenswert ist, dass meine Mutter die erste Frau war, die an diesem Wettbewerb teilnahm. Später studierte mein Vater noch parallel zu seinem Beruf weiter und schloss das Studium mit dem Grad eines Diplom-Ingenieur für Verfahrenstechnik ab. Nach 12 Jahren wechselte er dann in eine ganz andere Branche und war viele Jahre auf dem Gebiet der Nuklearmedizin im Vertrieb tätig. Von dort wechselte er dann erneut die Branche und war dann viele Jahre für ein Ingenieurbüro tätig. Dort war er gleichzeitig Niederlassungsleiter für die Standorte Düsseldorf, Bremen, Köln und später auch München. Eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass dies lange vor Einführung des Internets war und mein Vater nicht geflogen ist. Diese Tätigkeit bedingte natürlich auch eine gewisse Reisetätigkeit und hätte schließlich auch einen Umzug nach München erfordert. Meinem Vater war aber die Familie immer sehr wichtig. Dies führte schließlich auch zu dem Entschluss, sich selbständig zu machen. Zunächst mit einer Unternehmensberatung, später dann zusätzlich mit einem Immobilienmaklerbüro, das er bis zu seinem Tod mehr als 40 Jahre lang betrieben hat.
Schach hat mein Vater immer schon gerne gespielt, allerdings früher eher sporadisch und intuitiv. Ich habe es selbst von meinem Vater in Grundzügen gelernt und wir haben auch in meiner Kindheit und Jugend, lange vor unserer gemeinsamen Vereinsmitgliedschaft das ein oder andere Spiel gespielt. Zum Schachverein Erftstadt, damals noch als "Anhängsel" des VFB-Erftstadt, ist mein Vater durch meinen Bruder Freddy gekommen, der damals als Schüler an der von Peter Kirst geleiteten Schach-AG am Lechenicher Gymnasium teilgenommen hat. Das Interesse am Schach war ansteckend: Als sich der Schachverein vom VFB-Erftstadt trennte und der Schachverein Erftstadt e.V. gegründet wurde, saß dann schließlich fast die ganze Familie in der Gründungsversammlung. Ein „Highlight“ war für uns alle immer das „Brötchenturnier“, bei dem die ganze Familie – später sogar einschließlich des Enkels André – als „Zerres-Clan“ zwar nie einen Blumentopf gewinnen konnte, aber immer begeistert mitgespielt hat. Ein weiteres, den meisten weniger bekanntes schachliches Higlight war für meinen Vater das jährlich im Herbst stattfindende große Schachturnier in Cap d’Agde, wo er fast 40 Jahre eine Ferienwohnung besaß. Zwar war er hier immer nur Zuschauer, aber er lernte die Großmeister teilweise hautnah kennen. Es gibt sogar ein Urlaubsfoto, bei dem meine Eltern neben Kasparow stehen. Selbst im Krankenhaus hat mein Vater über sein Tablet noch Schach gespielt, solange es ging.
Heinrich Böll hat einmal gesagt "ich bin ein Clown, ich sammle Augenblicke". Dies hat mein Vater bis zum Schluss gemacht. Eine Lungenentzündung nach einer zunächst gelungenen Hüftoperation hat ihn schließlich schachmatt gesetzt.